Der erste Marathon: So schaffst du die 42,195 Km
Ein Läufer joggt am Wasser entlang

Der erste Marathon: So schaffst du die 42,195 Km

Ich bin vor Ehrfurcht erstarrt, ich hatte einen riesen Respekt, ich hätte mir fast in die Hose gemacht. Und dann bin ich 42,195 Kilometer gelaufen. Der Erfahrungsbericht von meinem ersten Marathon soll dich dazu ermutigen es selbst zu tun. Marathon laufen.

23. April 2017, 8:55 Uhr, Messegelände Hamburg. Nervös bahne ich mir den Weg zu meinem Startblock. Für meinen ersten Marathon bin ich vom Veranstalter in den vorletzten Startblock mit dem Buchstaben M einsortiert worden. Es herrscht Gedränge. Beim Einlass in den Startblock treffe ich noch eine alte Freundin, mit der ich mich kurz unterhalte. Dann geht´s los: Startschuss um Punkt 9.00 Uhr. Auf dieses Moment habe ich knapp vier Monate intensiv hingearbeitet. Eigentlich noch viel länger. Im Grunde genommen seit ich meinen ersten Halbmarathon gelaufen bin. Schon da war mir klar, dass ich irgendwann mal versuchen möchte, ein echter Marathoni zu sein. Monate des intensiven Trainings liegen hinter mir und tief in meinem Inneren bin ich mir sicher, dass ich die 42,195 Kilometer schaffen werde. Ich starte zusammen mit meiner Freundin. Ihre Vorbereitung lief krankheitsbedingt nicht optimal. Aber auch sie ist sich sicher, dass sie die Distanz schaffen wird.

Kevin vor dem Marathon mit seiner Startnummer in der Hand
Hier habe ich gerade meine Startnummer abgeholt.

Die Vorbereitung

Da es mein erster Marathon werden soll, lag der Fokus ganz klar auf „lebend im Ziel ankommen“. Bei einer Pace von 6:45 Minuten pro Kilometer wäre meine Zielzeit 4:45 Stunden. Das schien mir realistisch und mein Ziel stand fest. Jetzt brauchte ich einen Trainingsplan. Herausgesucht habe ich mir einen – ok, ich will ehrlich sein, meine Freundin hat ihn rausgesucht – über eine Dauer von vier Monaten mit 3 Laufeinheiten in der Woche. An zwei Tagen in der Woche stand Alternativtraining für jeweils etwa 30 Minuten mit den Stabi eCards auf dem Programm. Gelegentlich bin ich auch noch Rad gefahren, um dem Körper einen zusätzlichen Reiz zu geben. Die Laufeinheiten haben sich aufgeteilt in Intervalltraining (dienstags), Grundlagenausdauer (freitags) und einen langen Lauf (sonntags). Dazwischen habe ich dann, je nach Laune, das Alternativtraining eingebaut. Krankheitsbedingt habe ich etwa drei Wochen des Trainingsplans nicht absolvieren können. Das war aber nicht so tragisch, weil das noch in der Anfangsphase war. Wie ich die Vorbereitung empfunden habe? Es war eine Mischung aus großer Freude, dass ich bald einen Marathon laufen werde und pain in the ass. Vor allem die Intervalle und die langen Läufe über 30 Kilometer haben mich echt fertig gemacht. Mal ein kleiner Auszug aus einem typischen Sonntag mit langem Lauf: 8 Uhr aufstehen, 9 Uhr frühstücken und um 10.30 Uhr loslaufen. 34 Kilometer dauern dann schon Mal 3:45 Stunden. Wieder zu Hause, duschen, Schlumper-Klamotten an, ab auf die Couch und dann essen, essen, essen. Und auf einmal ist schon 22 Uhr uns es geht ins Bett. Meine gesamten Aktivitäten kannst du übrigens in meinem Profil bei Strava sehen.

Start- und Zielbereich des Haspa Marathon Hamburg
Der Start- und Zielbereich von Haspa Marathon Hamburg einen Tag vor den Rennen.

Die Tage davor

In den letzten 48 Stunden vor dem Marathon, habe ich mich ausschließlich auf das Rennen konzentriert. Die Anreise nach Hamburg war bereits am Freitag. Am Samstag gab es eine Stadtrundfahrt mit dem Bus (bloß nicht zu viele Schritte zu Fuß zurück legen war da die Devise). Am Nachmittag habe ich meine Startnummer abgeholt und viel im Hotel gechillt. Dazu habe ich Unmengen an Wasser getrunken und ausreichend und gesund gegessen.

Die Renntaktik

Vorab hatte ich mir folgende Renntaktik überlegt. Locker loslaufen bei einer Pace von etwa 6:45 Minuten. Alle fünf Kilometer im gehen einen Becher Wasser trinken. Müsliriegel (zwei Mal Banane-Schoko und ein Mal Cranberry) sollte es bei Kilometer 12, 24 und 32 geben. Während des Rennens hat es sich als sehr hilfreich herausgestellt, die Strecke im Kopf in 5 Kilometer-Abschnitte einzuteilen. Ich habe also immer nur in diesen kleinen Teilbereichen gedacht und nicht weiter.

Läufer Kevin während des Haspa Marathon Hamburg
Das war ungefähr bei Km 10. Da war das Leben noch entspannt 😉

Das Rennen

Die ersten sieben Kilometer vergehen wie im Flug. Durch das schlechte Wetter – etwa 5 bis 7 Grad, Regen, Hagel – brauchte mein Körper einige Kilometer um warm zu werden. Bis zur Halbmarathon-Marke ist alles ein bekanntes Gefühl. Diese Distanz bin ich schon oft gelaufen. Ab Kilometer 30 habe ich meine Beine dann deutlich gespürt. Und dann kam das, was dir fast jeder über den Marathon erzählt. Dann beginnt der Marathon erst richtig. Die folgenden 12 Kilometer bis ins Ziel waren eine krasse Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde. Mein Körper war ein einziger Schmerz. Selbst das Kauen des Müsliriegels hat mir derart Schwierigkeiten bereitet, dass ich den Bananen-Schoko-Mix wieder ausspucken wollte. Was soll ich sagen: Marathon laufen ist wirklich kein Kindergeburtstag. Das musste ich mir an diesem Punkt auch eingestehen. Als ich nach der Geh-Trinkpause bei Kilometer 35 wieder anlaufen wollte dachte ich, jemand hat mir ein Steakmesser in die Kniekehle gerammt. Ich bin gehumpelt und dachte, das Rennen ist für mich vorbei. Weiß der Geier wie ich es gemacht habe, aber irgendwie ging es doch weiter. Und dann, sieben Kilometer später, kam der erhabenste Moment. Der Moment, auf den ich Monate lang hingearbeitet hatte. Ich sehe den roten Teppich im Zielbereich, nehme meine Freundin an die Hand, die mir das gesamte Rennen zur Seite gestanden hat, laufe über die Ziellinie und fange einfach bitterlich an zu weinen. Was für ein erhabener Moment!

Kevin beißt auf seine Marathon Medaille
Yay … jetzt bin ich offiziell ein Marathoni.

Marathon laufen passiert im Kopf

Wochen vor dem Marathon war ich mir sicher: Ich schaffe das. Diesen Gedanken habe ich mir immer und immer wieder vorgesagt – laut und leise. Was mich letztendlich ins Ziel gebracht hat, war genau dieser Gedanke. Marathon laufen passiert im Kopf. Ich habe so sehr daran geglaubt, dass ich es schaffe, dass es am Ende Wirklichkeit geworden ist. Genau das soll dir dieser Artikel mit auf den Weg geben. Glaub an dich und du wirst es schaffen: Marathon laufen, ein berufliches Ziel oder was auch immer. Das richtige Denken entscheidet über alles.

Welche Erfahrungen hast du bei deinem ersten Marathon gemacht?

Erzähl mir von deinen Erfahrungen und Gedanken bei deinem ersten Marathon. Bist du locker durchgekommen oder hat es dich auch so viel Willenskraft gekostet wie mich? Womit hattest du Probleme und was hat kinderleicht funktioniert? Erzähl mir in den Kommentaren davon.

Über Kevin Besser

Hi, ich bin Kevin. Lauftrainer, Motivator & Mutmacher und der Gründer von runnersflow.Ich zeige dir wie du es schaffst, deine Ziele beim Laufen zu erreichen – ganz egal an welchem Punkt du gerade stehst.Hol dir meine besten Lauf-Tipps auf YouTube und hilf mir dabei, richtig guten Lauf-Content zu erstellen.

Kommentare

  1. Ich werde in zwei Monaten einen Marathon laufen. Deshalb bin ich voll in der Vorbereitung. Das ist auch, wie es für dich der Fall war, mein erster Marathon.

  2. Mein erster Marathon war im Mai 1995 in Hannover, die Vorbereitung war aus heutiger Sicht völlig falsch, mo, mi und fr, jeweils eine Traningseinheit, X Runden um den Herrenhäuser Garten. Angefangen am 2.Januar mit der Allee und 1 Runde (6 km je Einheit) langsam gesteigert auf 6 Runden (20 km je Einheit). Die Geschwindigkeit immer gleich und im Laufe der Zeit gesteigert. Als weitere Vorbereitung im März der Vasa-Lauf in Celle (20 km), im April der Herrmannslauf (30,7 km) im Wesergebirge und ein 30 km Lauf am Ostersamstag. Der Hannovermarathon Ende Mai selbst lief gut an, bis km 30, dann kam die Wand (logisch bei dem Training), trotzdem im Ziel noch mit 3:30 Std, Endorphine und Adrenalin pur. Ein Jahr später, bei gleicher Vorbereitung die Bestzeit 3:15 Std., ein nahezu optimaler Lauf, da ich auf die Wand vorbereitet war. Heute frage ich mich, was wäre gewesen, wenn ich richtig trainiert hätte… Egal, mit der Zeit bin ich immerhin im ersten Drittel gelandet.
    Mein Fazit: Der Wille entscheidet, beim Training und im Wettkampf…
    Heute trainiere ich mit Plan auf die 10 km und mache mir Gedanken, ob ich 25 Jahre später mit ü60 nochmal mit dem Marathon liebäugele (ich habe mir den Greifplan schon heruntergeladen…). Mal sehen was kommt…

    • Hi Carsten,

      richtig cool, dass du deine Erfahrung mit uns teilst. Das klingt wirklich nach einem krassen Abenteuer. Und die Zeiten sind wirklich beachtlich.

      Und ob du nochmal Marathon laufen solltest? Ich würde sagen: Es ist nie zu spät. Go for it 🙂

      VG Kevin

  3. Toller Bericht, hatte auch Gänsehaut, da es mich auch an meinen ersten Marathon erinnert hat, der sehr ähnlich verlief. Im Ziel bin ich auch in Tränen ausgebrochen, das war so ein emotionaler Moment!
    Hab dazu auch einen Blogartikel geschrieben 🙂
    Nun bin ich mitten im Training für meinen zweiten Marathon am 07.10. und werde langsam auch wieder nervös 😀
    Liebe Grüße
    Zsofia

    • Hi Zsofia,

      der erste Marathon ist immer etwas ganz besonderes und bleibt immer im Kopf. In Hamburg gab es eine Sms mit der Zielzeit. Die habe ich seitdem nie gelöscht, weils eine coole Erinnerung ist. Einen coolen Blog hast du da. Ich mag das Titelbild von deinem Blogpost, wo du High Five gibst total 🙂

      Liebe Grüße
      Kevin

  4. ich bin und war bisher beim Laufen immer jemand der schnellen Entschlüsse und habe kopfmässig auf mein Können vertraut. Der erste Marathon liegt jetzt 18 Jahre zurück (30.5.99 in Duisburg). 3 Monate vor dem Marathon lief ich mit Anfang 42 spontan meinen ersten HM (Trainingsvorbereitung dafür 1 x 16km), konnte nach 1:52:40 beim Königsforst HM mit 200 HM finishen und ein paarf Wochen später kam der Entschluß, auch einen Marathon zu laufen. Lange Laufeinheiten?, Trainingsplan?, mitnichten, ein langer Lauf à26km und 4 Läufe à 20km mussten und sollten ausreichen. Angedacht war eine Zielzeit von sub 4 Std., aber aufgrund der Hitze (frühmorgens um 9.15 Uhr schon 26ºC) ließ ich die offiziellen TM für die 4 Std. ziehen und dackelte alleine weiter. Nach 4:06:30 Std. war ich im Ziel, platt und eschöpft, aber glücklich, die zweite Hälfte war knappe 10 Minuten langsamer als die erste Hälfte:-)) Drei Jahre später lief ich meinen ersten Ultra beim 12 Std. in Brühl, hatte mittlerweile 10 Marathonläufe in den Beinen und konnte auf Anhieb in diesem Zeitraum die 100km Marke knacken, Längere Einheiten als die Marathondistanz bin ich vorher auch nicht gelaufen. Wenn der Kopf es will, schaffen es die Beine auch:-)) Mit 58 Jahren (2015) spontan meinen ersten 24 Std. Lauf bewältigt, 144 km standen am Ende auf dem Tacho:-))

    • Hi Klaus,

      das klingt wirklich nach einer beachtlichen Leistung. Du hast meinen vollen Respekt. Das Schöne am Laufen ist ja, dass man auch in späteren Jahren damit anfangen kann. Vor allem die Ultradistanzen jagen mir persönlich einen riesigen Respekt ein. Ich kann vor jedem nur den Hut ziehen, der es schafft, solche Distanzen laufend zu überwinden. Mach weiter so. Du machst den Eindruck als ob dich die Lauferei glücklich macht. Und das ist das Wichtigste!

  5. Sehr schöner Bericht! … 🙂 … bei meinem ersten Marathon vor knapp 3 Wochen erging es mir sehr ähnlich. Ich hatte auch einen Mega Respekt zumal ich in der Vorgbereitung nur einmal die Zeit gefunden habe über 30km zu laufen. Bis Km 22 lief alles super und ich war auf Sub4 Kurs. Dann kam der erste dezente Krampf und ab Km31 folgten dann weitere! Das waren auch für mich die längsten und härtesten 11km die ich je gelaufen bin. Ich hab auf diesen 11km viel über Demut und Hochmut gelernt! Ein Marathon ist ein Marathon und eben kein Halbmarathon. Nur weil man einen Halbmarathon in 1h40 laufen kann heißt das noch lange nicht das man auch einen Marathon unter 4h läuft. Da muss einfach alles passen. Und an diesem meinen ersten Marathon hat eben nicht alles gepasst. Bin mit 4h28 ins Ziel und war glücklich und stolz wie die Sau!!! In Berlin 2017 werd ich noch besser vorbereitet an den Start gehen!

    • Du triffst den Nagel auf den Kopf. Über Demut habe ich auch eine Menge gelernt in dem Rennen. Es ist eine sehr spezielle Belastung, die man nur mit viel Training und dem entsprechenden Willen packt. Ich finde, man kommt mit sich selbst ins Reine während man läuft. Mir sind so viele Dinge durch den Kopf gegangen. In Berlin bin ich dieses Jahr auch dabei. Im Juli beginnt die Vorbereitung. Wie bereitest du dich auf Berlin vor?

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